Schandmal -Information Nr. 1
Das Schandmal in Berlin
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Odense, 25. März 1999

Dieser Informationsbrief über das Schandmal in Berlin ist der erste in einer Serie von Rundbriefen die ich aussenden werde um Sie und andere Interessierten über den Verlauf unseres Projektes zu orientieren. Ich setze voraus dass Sie meinen ersten Brief und die Unterlagen über das Projekt bekommen haben. Ist das aber wegen eines Irrtums nicht der Fall, sollen Sie sich einfach melden. Dann werde ich Ihnen sofort die Materialien zuschicken. Natürlich schicke ich Ihnen auch gerne zusätzliche Unterlagen zu, wenn Sie welche für Verteilung unter interessierten Personen nötig haben. Ausserdem sind die Unterlagen auch auf dem Internet erreichbar: www.aidoh.dk

Sie sind natürlich herzlich willkommen mir allerlei Kommentare, Vorschläge, Ideen und Einwände zuzuschicken. Ich betrachte dieses Vorhaben als eine Gemeinschaftliche Manifestation. Deswegen bin ich allerlei Anregungen aufgeschlossen.

Es finden ständig kleine Änderungen in der Projektbeschreibung statt. Deswegen entspricht Ihre frühere zugeschickte Beschreibung nicht ganz dem heutigen Stand. Die Änderungen gehen aus diesem Brief hervor. Die Hauptlinien des Projektes bleiben jedoch ungeändert. Es handelt sich lediglich um geringfügige organisatorische Einzelheiten.

Aussendung von Projektbeschreibung

In den letzten drei Monaten habe ich zusammen mit meinen Mitarbeitern weltweit Hunderte von Briefen und Tausende von Projektbeschreibungen ausgeschickt. Wir haben die Unterlagen ausgeschickt in dänischer, deutscher und englischer Fassung an Verbände von ehemaligen KZ-Häftlingen, Juden, Sinti und Roma, Zwangsarbeiter, Homosexuelle – an Gedenkstätten und Forschungsinstitutionen sowie an zahlreiche Einzelpersonen. Wir hoffen dadurch ein Kontaktnetz aufbauen zu können das Organisationen und Personen umfasst die mitwirken wollen zu dieser Manifestation die die grösste Schandtat des vergangenen Jahrtausends markieren soll.

Reaktionen

Wir haben bereits sehr viele Reaktionen der Unterstützung und der praktischen Hilfsbereitschaft bekommen. Viele haben unsere Unterlagen weitergeleitet oder haben uns nützliche Adressen zugeschickt. Mehre Organisationen haben diese Idee von ‚einem unterschiedlichen Mahnmal‘ auf die Tagesordnung ihres Jahrestreffens gesetzt.

Diese überwältigende Unterstützung bedeutet dass die Realisierung des Schandmal-Projektes jetzt gesichert ist. Das Einzige das mich hätte veranlassen können, das Vorhaben aufzugeben wäre die fehlende Unterstützung der ehemaligen KZ-Häftlinge. Denn ich betrachte eben ihrer Mitwirkung als unumgänglich dafür dass die Manifestation sich solide im Erdboden der Geschichte verwurzeln kann.

Wir haben von allen berührten Gruppen (Juden, Sinti und Roma, Gedenkstätten usw.) Unterstützung bekommen. Auch Personen und Organisationen die keine Möglichkeit haben praktisch mitzuwirken haben ihre moralische Unterstützung zugesagt, darunter mehrere deutsche Bürgermeister. Natürlich sind solche Äusserungen für uns eine riesige Ermutigung!!

Liste von Organisationen und Einzelpersonen

Wir haben entschieden eine Liste zu erstellen von Organisationen die das Projekt unterstützen. Später werden wir die Namen dieser Organisationen in den Sockel der Skulptur geprägt zusammen mit den Namen der ehemaligen KZ-Häftlingen die die Striche eingraviert haben.

Ich lege eine Liste bei wo Organisationen ihren Namen setzen können wenn sie sich dem Förderungskreis anschliessen wollen und dadurch der Umwelt wissen lassen dass sie die Realisierung dieser Manifestation unterstützt haben. Natürlich kann man auch dem Projekt Vorschub leisten ohne sich dem Förderkreis anzuschliessen. Darüber hinaus können Sie sich auch in die Liste eintragen, wenn Sie als ehemaliger KZ-Häftling, Zwangsarbeiter o.ä. zum Eingravieren der vielen Striche in die bronzene Unterlage mitwirken wollen oder wenn Sie mit der Organisierung dieser Aufgabe helfen wollen, um dadurch zum Erfolg des Projektes beizutragen.

Organisierung der Eingravierung der Striche

Die weltweite Organisierung dieser Aufgabe hat einen riesigen Umfang. Wir haben diesbezüglich grosse Fortschritte gemacht obwohl wir noch vieles zu erledigen haben, bis wir das Monument errichten können. In unserem Bildhauerwerkstatt haben wir für ein Projekt wie das Schandmal nur freiwillige unbesoldete Arbeitskräfte zur Verfügung. Wir sind deswegen auf die Mitwirkung eines breiten Förderungskreises hingewiesen.

Anzahl der Striche

Wir haben uns einige Überlegungen gemacht über die Anzahl von Strichen die eingraviert werden sollen. Obwohl die Handlung symbolisch ist, ist es wichtig dass die Anzahl ungefähr dem Umfang des industriellen Massenmordes entspricht. Nachdem wir mit einigen Historikern gesprochen haben und einige Fachtexte konsultiert haben, sind wir dazu gekommen dass 10 Millionen eine angemessene Rundziffer ist für alle Gruppen von Zivilisten die keine Opfer von Kriegshandlungen sind, sondern von dem industrielle Massenmord, das heisst Opfer von KZ- Vernichtungs- und Arbeitslagern, Internierungen usw. Wenn Sie dazu Bemerkungen haben, hören wir gerne sofort von Ihnen. Auf jeden Fall ist die Anzahl der Opfer so ungeheuer dass wir keinen Anlass haben zu über- oder untertreiben.

 

Hilfe zur Dokumentation

In Verbindung mit dem Projekt werden wir eine Seite errichten auf dem Internet (ein weltweites computer-Netzwerk). Die Seite wird sich auf der Adresse www.schandmal.dk finden lassen. Zu dieser Aufgabe haben wir Hilfe nötig. Vielleicht könnte eine Gruppe von Historikern und Computer-Fachleuten gebildet werden die für die Gestaltung der Seite verantwortlich ist. Ich (Jens Galschiot stelle die Internet-Seite zur Verfügung, aber ich habe kein Geld für Entgeltung der Arbeitskräfte.

Ich stelle mir vor dass die Seite folgendes enthalten soll:

Der Standort in Berlin und Termin für die Aufstellung

Termin: Nach gründlichen Überlegungen habe ich mich auf den 9. November 1999, die Reichskristallnacht, festgelegt. Aus mehreren Gründen halte ich dieses Datum, unmittelbar vor der Jahrtausendwende, für ideal für die Errichtung des Schandmals in Berlin:

Standort: Ich habe noch nicht einen geeigneten Standort in Berlin gefunden. Aber ich überlege einige Möglichkeiten. Vielleicht haben Sie einige Vorschläge und einige Kontakte die in diesem Zusammenhang nützlich sein könnten? – Ich nehme gern allerlei Anregungen entgegen. Der Standort soll am liebsten eine gute Verkehrslage haben und symbolisch mit der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands in Verbindung stehen. Wer den Grundstück zur Verfügung stellt muss in dieser Verbindung keine Unkosten tragen. Jedoch können wir auch nicht für den Standort bezahlen. Der einzige Entgelt liegt in der Genugtuung davon dass man für ein Monument mit dieser besonderen Geschichte öffentlichen Raum verschafft. Vielleicht könnte eines der Grossunternehmen die sich in der Berliner Innenstadt breitmachen etwa 100 m2 von seinem Gelände für dieses Zweck bereitstellen?

Ich will auch untersuchen ob die Berliner Behörden möglicherweise einen Standort zur Verfügung stellen könnten.

Im Notfall, wenn keine andere Möglichkeit sich erweist, muss ich mein ‚Erbgut‘ veräussern um einen Grundstück für das Schandmal zu kaufen. Ein fehlender Standort wird auf keinen Fall ein Stolperstein des Projektes werden.

Die Presse und die Öffentlichkeit

Bisher habe ich die Presse nicht informiert. Ich habe es für wichtig gehalten zuerst die möglichen Mitwirkenden zu informieren. Das haben wir jetzt erledigt, deswegen werden wir bald Pressemitteilungen aussenden. Wenn Sie Vorschläge zu nützlichen Kontakten haben, höre ich gern von Ihnen durch Brief, Fax oder E-mail.

Das Zweite Dänische Fernsehen hat sich für einen grossen und gründlichen Dokumentationsfilm über das Projekt entschieden. Sie haben bereits die Aufnahmen eingeleitet.

Wir haben allen Mitgliedern des Bundestages und des Berliner Senats die Projektbeschreibung zugeschickt, damit sie sich einen Eindruck von dem Projekt und den dahinter steckenden Absichten bilden können. Bald wird der Bundestag sich nämlich wieder mit der Debatte über das Holocaust-Mahnmal befassen, und obwohl das offizielle Projekt nicht mit dem unseren in Verbindung steht und damit nicht konkurriert, finde ich es wichtig dass die Abgeordneten direkt von uns informiert werden und sich nicht mit halben Geschichten von der Presse begnügen müssen.

Finanzierung

Der Finanzierungsplan des Projektes bleibt unverändert. Von einem persönlichen Freund habe ich einen Betrag von 6.500 DEM als einen Beitrag zu den bronzenen Platten der Unterlage. Vorläufig werde ich die übrigen Unkosten selber tragen. Die Skulptur ist fertiggestellt und steht auf meiner Werkstatt bereit für die Aufstellung.

Obwohl ich die Finanzierung selber tragen kann, wäre eine grosse Donation natürlich willkommen. Jedoch müsste es sich um einen Sponsor handeln der von deutschen wirtschaftlichen und anderen Sonderinteressen unabhängig ist. Ich finde es wichtig die Unabhängigkeit einzuhalten, damit das Schandmal hervortreten kann als ein Mahnmal geschaffen von einem dänischen Künstler in Zusammenarbeit mit ehemaligen KZ-Häftlingen aus aller Welt und einem Förderkreis von Freiwilligen. Eingängig, unkompliziert und wirkungsvoll.

Allgemeines über das Schandmal

Das Schandmal in Berlin wird ein Teil eines Netzwerkes von Skulpturen die weltweit aufgestellt werden um grobe Übergriffe auf den Humanismus anzuprangern. Das erste Schandmal wurde am 4 Juni 1997 in Hongkong errichtet in Zusammenarbeit mit der chinesischen Demokratiebewegung.

Die nächste Skulptur wird am 18. April in diesem Jahr in Mexiko Stadt errichtet. Das geschieht in Zusammenarbeit mit der Organisation CNI, einem Dachverband aller eingeborenen Völker Mexikos. Das Schandmal soll den Internationalen Tag gegen Straffreiheit markieren und die groben Übergriffe auf die mexikanischen Indianer anprangern.

Die drei Tonnen schwere und acht Meter hohe Skulptur wird zuerst im Park Bosque de Chapultepec aufgestellt. Eine Woche später wird sie auf dem Tlateloco-Platz errichtet bis zum ersten Mai wo die Skulptur eine wichtige Rolle einnehmen wird im riesigen Volkskundgebung wo mehr als eine halbe Million Teilnehmer erwartet wird. Was demnächst passiert ist noch ungewiss. Vielleicht wird die Skulptur die Reise mitmachen wenn eine Karawane durch Gebiete der Urbevölkerung zieht um im südlichen Bundesstaat Chiapas zu enden. Dort sind zur Zeit 50.000 Militärs stationiert um die Indianer gegen sie selbst zu ‚schützen‘.

Jens Galschiot - Banevänget 22 - DK-5270 Odense N

Tel.: (+45) 6618 4058 – Fax: (+45) 6618 4158 - E-mail: aidoh@aidoh.dk - http://www.aidoh.dk



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    Type: Press releases
    Locations: Berlin, Germany
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